Artikel

Gibt es einen Mindestlohn?

Ich arbeite in einem Callcenter. Die massiv gestiegenen Kosten von Krankenkasse, Energie, Miete und Lebensmitteln bringen mich inzwischen in eine schwierige Lage. Mein Lohn ist nicht sehr hoch und ich kann nicht mehr alle Rechnungen bezahlen.

Gibt es einen Mindestlohn? Hätte ich Anspruch auf eine Lohnerhöhung?

Für die Contact- und Callcenter-Branche gilt ein allgemeinverbindlicher Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Das heisst, dass sich dein Arbeitgeber an verschiedene Bestimmungen des GAV halten muss, auch wenn er nicht Mitglied in einem Verband ist, der den GAV unterzeichnet hat.

Artikel 5.13 des GAV sieht einen Mindestlohn vor, der von deiner Funktion und der Anzahl deiner Dienstjahre abhängt. Dein Arbeitgeber muss diese Vorgabe beachten. In einigen Kantonen (ZH, BS, JU, GE, NE, TI) wurde ein kantonaler Mindestlohn festgelegt. Hier muss dein Lohn mindestens diesem Mindestlohn entsprechen. Es kann sein, dass im GAV ein tieferer Mindestlohn vorgesehen ist als auf kantonaler Ebene. Dann gilt vorläufig der (höhere) kantonale Mindestlohn als massgebend. Eine Gesetzesrevision befindet sich in der Vernehmlassung, die vorsieht, dass die in einem allgemeinverbindlichen GAV festgelegten Mindestlöhne Vorrang haben.

Lohnerhöhungen sind in Artikel 4.4 des GAV geregelt. Die Lohnverhandlungen zwischen den Vertragsparteien finden jeweils im vierten Quartal statt. Sie erfolgen auf Basis des individuellen Grundlohns. Kriterien bei der Verhandlung sind die Produktivitätsfortschritte, der Unternehmenserfolg, das Marktgeschehen, die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern und die Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Daneben besteht kein individueller Anspruch auf eine zusätzliche Erhöhung. Die aktuellen Lohnmassnahmen sind auf der Website der GAV-Vollzugsstelle von syndicom, GAV.Vollzug.ch, ersichtlich.

Ich überlege, einen Zweitjob zu machen. Brauche ich die Erlaubnis meines Arbeitgebers dafür? Worauf muss ich eventuell achten?

Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, die dich verpflichtet, deinem Arbeitgeber eine zweite Stelle zu melden. Aber vielleicht ist eine solche Meldepflicht im Arbeitsvertrag oder im Betriebsreglement vorgesehen. In diesem Fall musst du deine zweite Stelle melden, denn dein Arbeitgeber ist verpflichtet, deine Gesundheit zu schützen.

Auf jeden Fall musst du die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes einhalten. Du darfst je nach Tätigkeit nicht mehr als 45 oder 50 Stunden pro Woche und 9 Stunden pro Tag arbeiten. Vor allem musst du dich an die tägliche Ruhezeit von mindestens 11 aufeinanderfolgenden Stunden halten. Arbeitest du an mehr als 5 Tagen pro Woche, musst du mindestens einen freien Halbtag zur Verfügung haben.

Im Übrigen hast du gegenüber deinem Arbeitgeber eine Treuepflicht. Das heisst, die verschiedenen beruflichen Tätigkeiten müssen miteinander vereinbar sein und dürfen sich nicht konkurrenzieren.

Gibt es kein Grundrecht auf einen existenzsichernden Lohn?

Das Grundrecht auf Existenzsicherung gemäss Artikel 12 der Bundesverfassung garantiert kein Mindesteinkommen, sondern nur die Deckung der elementaren Bedürfnisse, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. Das sind Nahrung, Unterkunft, Kleidung und medizinische Grundversorgung. Diese Bestimmung beschränkt sich leider auf das Notwendigste, um ein menschenwürdiges Überleben zu sichern und nicht auf der Strasse zu landen und betteln zu müssen.

Informiert bleiben

Persönlich, rasch und direkt

Du willst wissen, wofür wir uns engagieren? Nimm Kontakt zu uns auf! Bei persönlichen Anliegen helfen dir unsere Regionalsektretär:innen gern weiter.

syndicom in deiner Nähe

In den Regionalsekretariaten findest du kompetente Beratung & Unterstützung

Jetzt Mitglied werden